Die Gesprächspartnerin dieser Folge war schon als Kind campen. Doch 2019 war sie für ein Wochenende in einen Wohnwagen eingeladen, was ihr super gefiel. 2020 folgten dann mehrere Aufenthalte in Mietobjekten auf Campingplätzen. Nun war sie so richtig “on fire”, wie sie selbst sagt.
Inzwischen ist Heike (Jahrgang 1963) seit Mai 2022 Vollzeit im Vanlife – hat sie das vielleicht den Camper Nomads zu verdanken? Denn sie hat André tatsächlich auf einer Autobahnraststätte gesehen und ist so auf unsere Community aufmerksam geworden.
Im Gespräch mit Heike möchte André von ihr wissen, wie es so ist, als Oma (denn das ist sie wirklich) im Vanlife unterwegs zu sein. Außerdem ist es spannend zu erfahren, was sie in diesem guten Jahr für sich gelernt hat und ob sie mehr an ihrer Base auf dem Campingplatz oder unterwegs ist.
Und wie macht Heike das mit dem Arbeiten unterwegs? Sie arbeitet nämlich als freiberufliche Texterin und Lektorin aus ihrem Van heraus.
Inhalt
Heikes Weg in den Camper
Sie war bereits als Kind mit ihrer Sandkastenfreundin und deren Eltern in den Ferien campen. Im August 2019 erhielt sie von ihnen die Einladung, ein Wochenende auf Sylt in deren Wohnwagen zu verbringen – da war Heike „on fire“.
Dann kam jedoch erst einmal Corona und sie war total „stuck“ in der Altbauwohnung in Hamburg. Es war kein Besuch mehr möglich, eine Depression folgte mit einem Klinikaufenthalt im November/Dezember 2020.
Im August 2020 nahm sie sich drei Tage Auszeit in einer Ferienwohnung auf einem Dauerstellplatz an der niedersächsischen Elbe. Dort lernte Heike Leute am Elbstrand kennen, die genau da einen Dauercampingplatz haben (und heute zufällig ihre direkten Nachbarn sind ;-)).
Heike ließ sich auf eine Warteliste für einen Dauerplatz dort setzen und bekam Ende 2020 dann die Zusage dafür. Gleich darauf kaufte sie ihren (gebrauchten) Campervan, den sie liebevoll „Schatzy“ nennt. Für sie praktischer als ein Wohnwagen, weil sie damit überall stehen kann. Schatzy ist 6 m lang, ein Dethleffs Sunlight „von der Stange“, hatte aber alles, was sie wollte (Kühlschrank vorn, Querbett, helles Furnier, Bad mit Fenster usw.) und er war preislich im gesetzten Limit.
2021 ist Heike dann immer wieder mit ihrem Schatzy unterwegs gewesen, vor allem hat sie ihre Freundinnen und ihre Familie besucht, was auch der ursprüngliche Beweggrund war, um alle wiedersehen zu können, trotz Abstandsregelungen etc.
Sie war auch in Dänemark und Schweden, u. a. um ihrem Sohn und seiner Freundin beim Umzug von
Göteborg nach Berlin zu helfen (Schatzy ist auch ein super Umzugsmobil ;-)).
Seit Mai 2022 ist Heike Vollzeit im Vanlife.
Als Texterin im Van unterwegs
Heike arbeitete früher als angestellte Texterin/Lektorin, u. a. bei einer internationalen Unternehmensberatung. Seit über 20 Jahren ist sie selbstständig (freiberuflich) und hat sich auf den Schwerpunkt Geschäftsberichte in Deutsch und Englisch (Studium BWL/Anglistik/Italianistik, u. a. Fortbildung in Investor Relations) und inzwischen auch Nachhaltigkeitsberichte spezialisiert (www.textpertise.de).
Und bereits damals hatte sie tatsächlich schon mit der Absicht gegründet, ortsunabhängig arbeiten zu können. Damals aber noch, um einen beruflichen Umzug ihres (nun Ex-)Mannes mitmachen zu können.
Was treibt Heike an?
Freiheit, aber auch Verbundenheit (meist besucht sie Leute auf ihren Wegen), Minimalismus
(spannende Erfahrung, nach 130 qm Altbauwohnung so reduziert zu leben) und Nachhaltigkeit sind Heikes größten Antreiber für das Leben im Van.
Was ist „besonders“?
Heike wird dieses Jahr 60, vielleicht ein eher ungewöhnliches Alter für „Vanlife“. Ihr Enkel wird im Herbst schon 4. Sie hat zwar noch eine (fitte) Mutter, aber keine Eltern mit Riesenhaus, wo sie etwas „unterstellen“ könnte/konnte und musste daher andere Lösungen finden (ein Lager).
Heike möchte wegen der Familie (erstmal) nicht länger als sechs Wochen
oder so weg sein aus Deutschland – aber das ändert sich vielleicht noch ;-)
Ihr Unterwegs-Gen war schon lange da. So ist sie früher per Interrail alleine unterwegs gewesen (Spanien, Italien, Griechenland), hatte ein Tramper Monatsticket (damit konnte man einen Monat lang für wenig Geld mit der Bahn durch Deutschland reisen), war ein Jahr in Großbritannien, ein Jahr in Kanada (beides in den 80ern, als das noch nicht so gang und gäbe war).
Heikes Alltag im Camper
Genau den gibt es nicht mehr und das liebt sie – heute steht sie hier (oft frei), übermorgen auf einem Campingplatz … Mal im Süden, im Norden, im Westen, im Osten, mal arbeitet Heike viel, mal wenig, insgesamt aber nur noch Teilzeit, Vollzeit geht ihres Erachtens im Vanlife nicht, jedenfalls nicht für sie. Sie findet es gut, immer einen Puffer für Unvorhergesehenes einzubauen.
Schwerpunkt bei Heike ist nicht das Reisen, sondern das Sein, einfach zu leben, die Gegenwart zu genießen. Ihr ist sehr bewusst, dass sich gerade sehr viel ändert in der Welt und dass Zeit und Leben kostbar sind.
Wie geht Nachhaltigkeit im Van?
Heikes Tipps und eigene Erfahrungen: nicht aus Jux und Dollerei durch die Gegend fahren, länger an einer Stelle bleiben., kaum Konsum, wenn möglich nur Second-Hand-Klamotten, geringer Wasserverbrauch, nicht zu sehr heizen im Winter. Den Winter 2022/23 hat sie komplett in Deutschland verbracht, weil sie wissen wollte, wie das ist (war ein langer Winter ;-))
Learnings aus einem Jahr Vollzeit-Vanlife
„Geduldig mit mir sein, reinzuspüren in mich, wo will ich als Nächstes hin oder will ich noch auf unbestimmte Zeit genau hier bleiben, was tut mir gut usw.“
Besondere Erlebnisse unterwegs
Heike hatte einmal „Polizeikontakt“ in Hamburg, als sie nach einer längeren Fahrt wohl in einer zu prominenten Gegend (Alster-nah) freistand. Ihre Heizung (austretender Wasserausdampf an der Seite des Vans) hat sie „verraten“.
Auch das Fahren in Italien, insbesondere auf Sardinien (Serpentinen, Drängler usw.) vor Kurzem war eine echte Herausforderung.
Und dann ist natürlich immer nachts das Gas leer oder der WC-Tank voll und sie muss raus …
Auf Sardinien hat Heike sehr nette Leute unterwegs kennengelernt. Eine Frau sprach sie auf einem
Campingplatz (als sie gerade vor ihrem Laptop saß) an: Bist du eine digitale Nomadin? Die Frage hat sie überrascht und obwohl sie bei den Camper Nomads ist, hat sie sich zum ersten Mal mit dem „Etikett“ auseinandergesetzt und gesagt „Ja, das bin ich wohl.“
Weitere Erlebnisse: Beim Anmelden auf Campingplätzen oder wenn sie so unterwegs ist, wird oft „ihr“ gesagt, weil die Leute annehmen, sie „müsse“ ja mit einem Partner unterwegs sein.
Heikes Weg in die Camper Nomads Community
Zu den Camper Nomads gekommen ist Heike, weil sie 2021 auf einer Autobahnraststätte Andrés
Womo gesehen hat. Anschließend hat sie bei Insta geguckt und tatsächlich erst da so richtig
herausgefunden, dass das, was sie da gerade (damals noch in Teilzeit) macht, viele Leute machen
– auch wenn die meist jünger sind.
Was fehlt im Vanlife?
Für Heike ist es manchmal eine gute Telefon- und Internetverbindung (auf ihrem Dauercampingplatz
beides nicht sehr gut). Auch einen Backofen vermisst sie hin und wieder.
Was uns Heike noch sagen möchte
Organisatorisches: Sie ist abgemeldet in Hamburg und hat eine Postadresse bei ihrer Tochter in Köln. Solar ist geplant, damit sie öfter ohne Stromkabel auskommt.
Noch so ein Gedanke: Viele sagen, sie sei ja sehr „mutig“, dass sie ihre Wohnung aufgegeben habe
und nun so durch die Gegend fahre. Heike finde das gar nicht. Für sie ist das halt einfach das, wie sie
gerade leben möchte.
Und so geht es bei Heike weiter
Im Herbst wechselt sie vom Vollzeit- zum Teilzeit-Vanlife, denn da bezieht sie eine neue
Wohnung in Lüneburg, und zwar ganz passend zu ihr in einem gemeinschaftlichen, ökologischen Wohnprojekt mit 68 anderen Menschen.
Links
Website: www.textpertise.de
Instagram: https://www.instagram.com/hitch_hikeee/
CAMPER NOMADS Community: https://member.campernomads.net/login
Text: André, Anja, Heike