Was hat Lean Management, Change Management und Agilität damit zu tun?
Mein Name ist Colin Nitzpon, ich arbeite als Unternehmensberater, bin 36 Jahre alt und wohne… wo ich gerade möchte. Direkt nach Pandemiebeginn im Frühling 2020 habe ich meine Wohnung in München aufgegeben, all mein Hab und Gut verkauft oder verschenkt und bin in mein Eura Mobil Integra 890 QB – so die volle Bezeichnung meines Gefährts, das auch auf den Namen „Charly“ hört“ – umgezogen.
Wie kam ich darauf, als Unternehmensberater von unterwegs zu arbeiten?
Eine Freundin lud mich zu einer Veranstaltung ihrer Beratung zum Thema „New Work“, also zu innovativen Arbeitskonzepten ein. In einer Gruppendiskussion kamen wir auf einen Berater, der zwar ein Zuhause hat, aber mit dem Wohnmobil zum Kunden fährt. Er berichtet von weniger Stress, weniger Kosten für Hotels, mehr Flexibilität und einfach einer entspannteren, schöneren Zeit.
Ich war schon länger auf der Suche nach einer Alternative zur teuren Wohnung in München, die ich oft es nur am Wochenende sah und zu Dienstreisen, bei denen man oft die ersten Nächte im Hotel nicht gut schlafen kann und bei denen man meist irgendetwas wichtiges daheim vergisst.
Dann fragte ich mich, ob man das Konzept des Unternehmensberaters nicht etwas weiter spinnen könne. Also schaute ich mir Wohnmobile zu allen Möglichkeiten an und bestellte schließlich eins.
Wie läuft das denn mit dem Arbeiten als Unternehmensberater im Wohnmobil?
Ich war die letzten Jahre angestellter Unternehmensberater, Coach und Manager in der Automobilindustrie. Eigentlich war ja der Plan, zu Zeiten der Bestellung an der Caravan 2019, dass ich mit meinem neuen Zuhause immer zum Kunden fahre, dort freiberuflich trainiere, berate und coache und abends in meinem eigenen Bett auf dem Kundenparkplatz schlafe. Das habe ich seither auch genau eine Nacht in Düsseldorf gemacht, bis die Stadt ab Abend bereits die kritischen Werte erreichte und ich raus musste.
Seither laufen meine Termine zu Lean Management (eine Philosophie der mitarbeiterorientierten Prozessverbesserung), Change Management (die Kunst der gezielten Veränderung der Organisationskultur) und Agilität (SCRUM und so) quasi ausschließlich über Microsoft Teams, Zoom, ConceptBoard, Hangouts und so weiter.
Immerhin kann ich in dieser Situation und durch die Freiberuflichkeit den zweiten Teil meines Plans aus 2019 ausleben und arbeiten, von wo ich will. Ob aus Italien, den bayerischen Bergen, den hessischen Höhen oder dem niedersächsischen Meer – ich stehe, so weit es die Corona-Beschränkungen erlauben, eben dort, wo ich gerade sein möchte. Mit WLAN-Router, mobilem Drucker, Tablet als Dashboard, Laptop und mobilem Flipchart – mehr braucht man als Berater nicht.
Wie steht die Familie dazu?
Eigentlich komme ich aus Baden-Württemberg. Ich bin dann zum Studieren nach München, mein Bruder zum Arbeiten nach Frankfurt, meine Schwester studiert noch in Tübingen und meine Mutter ist an die Nordsee gezogen – wegen der guten Luft. Als Unternehmensberater von unterwegs kann ich sie nun immer besuchen, wenn ich in der Nähe bin und ein paar Tage bleiben, ohne, dass ich ein Gästebett oder Bespaßung tagsüber brauche.
Kann jeder im Wohnmobil leben?
Nun es ist schon etwas völlig anderes als mit vier festen Wänden. Zum einen mal hat man ständig neue Umgebungen. Mir spielt das in die Karten, weil ich Veränderung sehr mag und es mit meinem Job als Unternehmensberater gut vereinbaren kann. Deswegen habe ich mir auch das Wohnmobil gekauft, ohne jemals vorher eins gefahren zu sein oder in einem Urlaub gemacht zu haben. Dann ist man in fast allen Ressourcen sehr beschränkt. Klar gibt es Lösungen, um unterwegs mehr Strom und Wasser zu haben.
Ich habe mir z.B. eine Wasserwiederaufbereitungsanlage eingebaut, die aus Grau- Frischwasser macht. Mit Photovoltaikmodulen und einer Brennstoffzelle komme ich Sommer wie Winter auch ohne Stromanschluss an Strom und speichere ihn mit drei großen Lithium-Ionen-Batterien. Aber dennoch habe ich gerade bei tief stehender Sonne begrenzt Strom, zudem weder Waschmaschine noch Badewanne, Platz für so viel Klamotten wie andere in den Urlaub nehmen und Wände, die Wärme und Lautstärke einfach schlechter isolieren als Häuser. Ich mag neben Veränderung das Konzept des Minimalismus, das hilft schon sehr!
Tipps für zukünftige Nomaden
Ich glaube das wichtigste zum mobilen Arbeiten ist die Freiberuflichkeit bzw. Selbstständigkeit. Das erhöht zwar die nötige Selbstorganisation (Steuern, Kalenderpflege, IT-Systeme, Fortbildungen, Händeschütteln, etc.), dafür kann man Arbeiten, soviel man will.
Ich muss das Wohnmobil noch abbezahlen, also muss eine gewisse Arbeitsleistung schon sein. Dennoch sind nur ca. 30 % meiner Arbeitszeit fremdgesteuert, der größte Teil ist flexibel und somit dann fällig, wenn ich Zeit habe und eben nicht gerade am Meer spazieren gehen oder lieber ausschlafen möchte.
Mein zweiter Tipp ist, dass du vorher überlegen solltest, ob Minimalismus etwas für dich ist. Wie viele Klamotten brauchst du wirklich? Wie oft und lange musst du duschen? Wie viel „Zeugs“ wie Spiele, Bücher, Werkzeug, etc. möchtest du dabei haben? Natürlich kannst du auch noch eine Wohnung haben, in der du all deine Sachen lagerst. Aber bist du dann wirklich frei? Und wie oft wirst du dahin zurück müssen, um etwas zu holen?
Der dritte Tipp ist, es einfach mal auszuprobieren, statt sich daran zu verhirnen. Jeder Mobilist ist anders und hat andere Ziele an das Leben auf Rädern. Also ist es schwer, Geschichten von anderen auf das eigene Leben zu transferieren. Wenn du etwas vernünftiger als ich sein möchtest und nicht gleich das Geld für ein neues Wohnmobil auf den Tisch legen möchtest, miete dir doch einfach eins (anfangs braucht es auch kein großes) und fahr damit ein, zwei Wochen weg. Dann wirst du schon sehen, ob das etwas für dich ist.
Wie bin ich erreichbar?
Ich persönlich glaube, vom Austausch kann jeder profitieren. Deswegen freue ich mich über jeden Kontakt, Feedback, Fragen und Anregungen! :-)
Shownotes:
- E-Mail Colin
- Youtube-Kanal (da kommt bald mehr)
- Website zum digitalen Führen
- Freiberufler-Website
- Buch: The big 5 of life
->Text und Fotos von Colin
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